Diese Information ist im Besonderen für Patientinnen gedacht, die bereits eine oder mehrere Fehl- oder Frühgeburten hatten und für die deshalb dieses spezielle operative Verfahren in Betracht kommt.

Was ist ein Früher Totaler Muttermund-Verschluss?

Bei dem Totalen Muttermund-Verschluss wird der Gebärmuttermund operativ durch Zunähen und anschließendes Zusammenwachsen vollständig verschlossen (im Gegensatz zur weit weniger wirksamen Cerclage, bei der der Muttermund nur enger gestellt wird, s. Abbildung 1). Durch den Muttermund-Verschluss wird ein Aufsteigen von Keimen aus der Scheide in die Gebärmutter durch die gesetzte Barriere verhindert (nicht so durch eine Cerclage). Das Wort früh bezieht sich vor allem darauf, dass es noch nicht zu einer Verkürzung der Cervix oder Eröffnung des Muttermundes gekommen ist Beim „Frühen“ Totalen Muttermund-Verschluss erfolgt der Verschluss im Idealfall bei 13+0 SSW oder kurz danach und noch bevor anatomische Veränderungen am Gebärmutterhals feststellbar sind.

Vergleich zwischen Muttermund-Verschluss und Cerclage

Wem empfehlen wir einen Frühen Totalen Muttermund-Verschluss?

Die Ursachen für späte Fehlgeburten und extreme Frühgeburten sind vielfältig. Siehe dazu Tabelle 1. Insbesondere haben Fehlgeburten in der frühen Schwangerschaft häufig andere Ursachen als späte Fehlgeburten und extreme Frühgeburten. Bis 32+0 SSW stellen aufsteigende genitale Infektionen die Hauptursache für Fehl- bzw. Frühgeburten dar und führen beispielsweise zu vorzeitigen Wehen oder einem vorzeitigen Blasensprung. Daneben gibt es die sog. „Zervixinsuffizienz“ oder besser ausgedrückt die funktionelle Zervixverschlussstörung, die durch unzureichende Produktion funktionellen Zervixschleimes, durch unzureichende funktionelle Zervixlänge für Druckbelastung durch das Uterusvolumen (z. B. nach Konisation oder bei Mehrlingsschwangerschaften oder Polyhydramnion) oder auch durch Gewebeveränderungen der Zervix (Bindegewebserkrankungen, nach Verletzungen oder mehrmaligen Kürettagen) bedingt sein kann.

Bei manchen Frauen kommt es allerdings zu Störungen des Scheidenmilieus; und bei vielen dieser Frauen genügt es, wenn diese Störungen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Aber besonders bei Frauen mit sich wiederholenden späten Fehlgeburten oder sehr frühen Frühgeburten scheint auch das nicht auszureichen. In solchen Fällen empfehlen wir den Frühen Totalen Muttermund-Verschluss. Dieser sollte bereit bei einem Spätabort oder einer Frühgeburt vor 28+0 SSW die mit einer Zervixproblematik in Zusammenhang steht, empfohlen werden.

Bei Mehrlingsschwangerschaften > 2 Feten oder zusätzlichen Risken für eine Frühgeburt auch schon bei Zwillingen, sollte aus unserer Erfahrung ein FTMV erwogen werden.

Wann sollte ein Früher Totaler Muttermund-Verschluss durchgeführt werden?

Im ersten Schwangerschaftsdrittel überwiegen andere Gründe für Fehlgeburten, z. B. wenn der Embryo aufgrund eines genetischen Schadens nicht lebensfähig ist. Deshalb sollte der Muttermund-Verschluss erst nach Ablauf dieser Zeit durchgeführt werden. Wir empfehlen, ihn möglichst bei 13+0 SSW oder kurz danach durchgeführt werden. Eine Operation ist aber bis 24 +0 SSW möglich.

Wie wird der Verschluss durchgeführt?

Vor dem Verschluss wird natürlich abgeklärt, ob evtl. schon eine Infektion vorliegt. Außerdem wird die Scheide gründlich desinfiziert und während der Operation zusätzlich ein Antibiotikum verabreicht. Der Eingriff selber kann in Vollnarkose, evtl. auch in Spinalanästhesie durchgeführt werden. Nach vorherigem vorsichtigen Entfernen der Gewebsoberfläche (wichtig für ein gutes Zuheilen) wird der Gebärmutterhalskanal in mehreren Schichten zugenäht. Die Fäden lösen sich nach einigen Wochen auf, es verbleibt eine stabile Narbe. Der grobe Verlauf der Nähte ist oben im Bild ersichtlich. In der Regel kann die Schwangere am Tag nach dem Eingriff die Klinik wieder verlassen.

Was geschieht am Ende der Schwangerschaft?

Im Rahmen der üblichen Reifungsprozesse der Geburtswege hat sich in den letzten Schwangerschaftswochen in einem Teil der Fälle der Muttermund bereits spontan ein wenig geöffnet. Falls das nicht passiert, kann die Ärztin / der Arzt unter der Geburt während einer Wehe die Narbe mit dem Finger öffnen.
Wenn nicht andere Gründe dagegen sprechen, empfehlen wir eine Geburt auf normalem Wege (vaginal), weil dies für die spätere Rückbildung günstig ist.
Wenn ein Kaiserschnitt durchgeführt wird, muss darauf geachtet werden, dass der Muttermund wieder offen ist.

Kann eine Frau nach einer Schwangerschaft mit Muttermund-Verschluss wieder schwanger werden?

Ja. Und weil in den nächsten Schwangerschaften das Risiko dieser Frau für eine Fehl- oder Frühgeburt nicht kleiner geworden ist, sollte jedes Mal wieder ein Muttermund-Verschluss durchgeführt werden. (Wir kennen Frauen, die z. B. schon 5 x mit einem Muttermund-Verschluss erfolgreich eine Schwangerschaft ausgetragen haben.)

Wie erfolgreich sind Schwangerschaften mit Muttermund-Verschluss?

Natürlich lässt sich durch einen Muttermund-Verschluss nicht in jedem Fall eine Fehl- oder Frühgeburt verhindern, da es ja hierfür auch noch andere Ursachen als eine aufsteigende Infektion gibt, z. B. eine vorzeitige Lösung des Mutterkuchens, oder schwere Fälle einer sogenannten „Schwangerschaftsvergiftung“ (Präeklampsie) bei denen das Kind vorzeitig geboren werden muss. Auch können andere Infektionen, z. B. eine nicht behandelte Harnwegsinfektion, zu einer Frühgeburt führen.

Trotz der eben genannten Einschränkungen sind die Ergebnisse mit dem Muttermund-Verschluss in Kliniken, die mit diesem Eingriff Erfahrung haben, sehr gut. So wird z. B. in einer Veröffentlichung berichtet, dass mit dem FTMV eine Erfolgsrate von 95 % und dem sog. sekundären Zervixverschluss (später TMV) immerhin noch Erfolge um die 90 % erreicht wurden.

Kommt es durch den Verschluss bei Mutter oder Kind zu erhöhten Risiken?

In der Regel kommt es weder bei Mutter noch Kind zu ernsthaften Gefährdungen. Bei der Mutter kann es zu einer etwas stärkeren Narbenbildung am Muttermund als nach einer „normalen“ Schwangerschaft und Geburt kommen. Fälle, bei denen es zu einer Verletzung des Muttermundes kommt, sind selten. Natürlich ist der Verschluss ein operativer Eingriff mit den üblichen Risiken einer Operation (z. B. Narkoserisiko). Deshalb wird man ihn nicht ohne Grund vornehmen.

Bei einer Nachuntersuchung von Kindern, die aus einer Schwangerschaft mit Muttermund-Verschluss stammen, zeigte sich, dass über 90 % der Kinder (das entspricht in etwa dem Bevölkerungsdurchschnitt) eine ungestörte körperliche, seelische und geistige Entwicklung aufwiesen.

Wo wird der Verschluss durchgeführt?

Der Muttermund-Verschluss ist ein Spezialeingriff, der nicht an allen Kliniken vorgenommen wird. Es ist besser, eine längere Anfahrt  in Kauf zu nehmen, und dafür den Verschluss von jemanden durchführen zu lassen, der diese Operation häufig einsetzt und damit die erforderliche Erfahrung hat. Falls Ihre betreuende Frauenärztin / Ihr Frauenarzt keine entsprechende Adresse in Ihrer Nähe kennt, helfen wir gerne weiter.

Was ist außerdem zu beachten?

Bis zum vollständigen Abheilen der Operationswunde sollte die Schwangere auf Geschlechtsverkehr verzichten. Der betreuende Frauenarzt kann bei den der Operation folgenden Untersuchungen feststellen, ob die Wunde schon vollständig verheilt ist. Ansonsten sollte die Patientin natürlich die üblichen Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen durchführen lassen.

Insbesondere wenn ein Paar bereits eine Fehl- oder Frühgeburt erlitten hat, ist die nächste Schwangerschaft häufig mit Angst oder zumindest Sorge verbunden. Für viele Paare ist es daher hilfreich, wenn sie sich während der Schwangerschaft psychologisch begleiten lassen oder wenn sie sich zumindest mit anderen betroffenen Eltern austauschen können. Einige Adressen von Selbsthilfegruppen finden Sie in unserer Linkliste.

Eine Gruppe von Frauen, die ihre Kinder durch einen vorzeitigen Blasensprung verloren hatten, konnte nach einem Frühen Totalen Muttermund-Verschluss ein lebendes Baby zur Welt bringen. In Form eines bebilderten Büchleins, das sie als Dank an den Begründer der Operation verfasst haben, berichten die Familien über ihre Schicksale.